Ob die 40-tägige Fastenzeit im Christentum, der Fastenmonat Ramadan im Islam oder die Zeit vor Jom Kippur im Judentum – in allen Weltreligionen spielt der bewusste Verzicht auf Nahrung eine entscheidende Rolle. Das erklärte Ziel: sich durch Enthaltsamkeit dem eigenen Glauben anzunähern und ihn zu stärken. Neben diesem spirituellen Aspekt liegen die Vorteile des Fastens allerdings vor allem medizinisch auf der Hand. Grund genug, einmal genau hinzuschauen …
Fasten ist, auch wenn es anfangs so scheinen könnte, keine Null-Diät, sondern laut der Ärztegesellschaft Heilfasten und Ernährung ein „freiwilliger Verzicht auf feste Nahrung und Genussmittel für begrenzte Zeit.“ Fasten betrifft dabei „den Menschen in seiner Körper-Seele-Geist-Einheit.“ Dabei unverzichtbar:
Als Vorbereitung auf das Fasten wird bereits am Vortag auf Genussmittel (Kaffee, Alkohol, Nikotin) sowie tierische Produkte verzichtet und die Kalorienaufnahme auf etwa 1000 Kalorien beschränkt. Bereits am Entlastungstag gilt moderate Bewegung als empfehlenswert, ebenso wie eine geistig-seelische Einstimmung auf das Fasten.
Zum Start in die Fastenzeit werden – in der Regel am Morgen des ersten Fastentages – zwischen 30 und 40 Gramm (je nach Körpergewicht) Glaubersalz (Natriumsulfat aus der Apotheke) in einem halben bis einem dreiviertel Liter Wasser aufgelöst und innerhalb von 20 Minuten getrunken. Tipp: gegen den salzigen Geschmack hilft Zitronensaft! Etwa 30 Minuten später sollten Fastende noch etwa einen halben bis einen Liter Wasser oder ungesüßten Tee trinken, um damit die Darmentleerung auszulösen. Während der eigentlichen Fastenperiode werden jeden zweiten Tag Abführmaßnahmen (üblicherweise ein Einlauf mit körperwarmem Wasser) durchgeführt.
Die tägliche Kalorienzufuhr von etwa 500 Kalorien erfolgt beim Heilfasten ausschließlich in flüssiger Form. Die täglichen Fastengetränke sind:
Damit werden Kohlenhydrate sowie Mikronährstoffe zugeführt.
Das sogenannte Fastenbrechen schließt das Fasten ab. In der Regel wird mittags ein gut gereifter – häufig auch gedämpfter – Apfel langsam und lange kauend gegessen. Am Abend empfiehlt sich eine basische Kartoffelsuppe. Die anschließenden Aufbautage führen langsam und bedacht wieder an die Nahrungsaufnahme heran und sollten von einer leichten, ovo-lactovegetarischen Kost begleitet werden.
Wichtig: Jede*r, der oder die über einen längeren Zeitraum fasten möchte, sollte das vorher mit seinem*seiner Hausärzt*in besprechen!
Heute als Pionier des medizinischen Heilfastens und Begründer der Original-Methode bekannt, war es die persönliche Leidensgeschichte von Dr. Otto Buchinger, die ihn zum medizinischen Nahrungsverzicht führte. Nach einer nicht ausgeheilten Mandelentzündung entwickelt er 1917 Gelenkrheuma. Die Folge: starre Bewegungen und Schmerzen, die schließlich auch zum Invaliden-Ausschluss des Arztes aus dem Militärdienst bei der Kaiserlichen Marine führen. Die erfolglosen Versuche der Schulmedizin führen ihn nach zwei Jahren Krankheitsgeschichte schließlich nach Freiburg, wo er unter Aufsicht seines Kollegen Dr. Gustav Riedlin für drei Wochen auf feste Nahrung verzichtete.
Das Ergebnis: beeindruckend. Otto Buchinger selbst verkündete seine Heilung und das Wunder so: „Eine gewaltige Urstimmung trat ein. Die Glieder wurden frei.“ Vom persönlichen Kurerfolg begeistert, recherchiert und untersucht Buchinger die Methodik und Geschichte des Heilfastens. In den 1920er Jahren eröffnet er das Kurheim Dr. Otto Buchinger, indem er die Zusammenhänge zwischen seelischer und körperlicher Gesundheit zu einem ganzheitlichen Ansatz zusammenführt. Die Geburtstunde der Original-Methode, die so bis heute in der Buchinger Klinik in Bad Pyrmont praktiziert wird.
In der Naturheilkunde schon lange als wirksame Therapie anerkannt, lässt sich inzwischen auch wissenschaftlich erklären, warum der bewusste Verzicht so gesund ist. Dr. Matthias Riedl, Ernährungsmediziner und Teil der NDR-Ernährungs-Docs hat dafür eine einfache Erklärung:
Es ist ein Teil unserer artgerechten Ernährung.
Besonders entscheidend und 2016 mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet, ist der vom Fasten in Gang gesetzte Prozess der Autophagie. Diese Art der „Selbstverdauung“ recycelt Abfälle (falsch gefaltete Eiweiße, ausgediente Zellorgane, eingedrungene Viren und Bakterien), die im Zellinneren darauf warten, wiederverwertet zu werden. Bleibt dieser Prozess aus, kann die Zelle irgendwann nicht mehr richtig arbeiten, altert vorzeitig und stirbt. Das Risiko für verschiedene Krankheiten erhöht sich zunehmend.
Darunter fallen Adipositas, Bluthochdruck, Diabetes Typ II, Herz-Kreislauf sowie Gefäßerkrankungen
Darunter fallen Allergien, Asthma, Gelenkerkrankungen, Migräne, Neurodermitis und Erkrankungen des Verdauungsapparates
Darunter fallen leichte Depressionen, Anzeichen des Burnout-Syndroms, Verspannungen, Schlafstörungen und andere Stressreaktionen des Körpers
5:2 oder 16:8 – auch der stundenweise Verzicht auf feste Nahrung lockt mit positiven gesundheitlichen Auswirkungen. Wie das intermittierende Fasten funktioniert, lesen Sie hier.
Auf eigene Faust zu Hause oder doch lieber betreut in einer professionellen Fastenklinik? Unser Redakteur Markus Schnieber probiert beides aus! Seinen Erfahrungsbericht inklusive aller Informationen rund um seine Fastenerfolge, Niederschläge und die damit verbundenen Kosten lesen Sie – pünktlich zum Ende der Fastenzeit – am 08. April auf Elle.de.
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