Eine Sammlung an Dingen, die einst von Schülerinnen hergestellt worden sind, wird im Gmünder Schulmuseum sorgfältig aufbewahrt.
Hellbraunes leichtes Packpapier, ein weißes Namensschild, in fein säuberlicher Federschrift mit Waltraud Möhrle, 1929, bezeichnet. Darauf ein Lamm auf grüner Wiese mit flatternder Standarte, rotes Feld und weißes Kreuz. So sieht der Umschlag eines Heftes der Erstklässlerin aus, die im Jahre 1922 geboren wurde. Die damalige Erstklässlerin lebt heute als Waltraud Faigle 92-jährig in Alfdorf .
Das Heft gibt Zeugnis von Übungen in Fingerfertigkeit in Klasse eins. Zunächst ein rotes Glanzpapierquadrat, in das, säuberlich quer und längst gefaltet, mit der Schere Rauten in verschiedenen Größen ausgeschnitten sind. Sie ergeben auseinandergefaltet ein luftiges Muster mit einem Achteck im Zentrum. Die nächste Aufgabe erforderte schon mehr Fingerspitzengefühl. Ein rosafarbenes Papierrechteck wird innen mit gelben Streifen zu einem Schachbrettmuster verflochten.
Malen und Sticken bringen einen Apfel auf mattgrünen Hintergrund. Der Apfel, so schön gelb-rot gemalt, verlockt zum Reinbeißen, mit feinen gelben Stickfäden in einfachem Rückstich konturiert und akzentuiert. Dieser Grundstich wurde weiter geübt bei den Konturen von Kaffee- und Untertasse, in feinem blauen Streifenmuster, rosa Rand und Henkel samt eingestecktem Kaffeelöffel.
Dann ein Meisterstückchen, das bereits mit Ausschneiden von Bildern gut geübt wurde. Zwei Blüten mit Stängeln und Blatt, sind aus feinen spitzigen Ovalen zusammengesetzt. Kleine gerissene Schnipsel werden zu Tannenbaum, grüner Wiese und Fliegenpilz zusammengeklebt oder zu einem farbenfrohen Blumentopf voll Blüten. Ein Ostermotiv verbindet mit Ausschneiden und Malen Hase und Eier auf einer Wiese. Zum Schluss eine lustige Szene, in der Tisch, Stuhl, Wäschekorb und Fußbank als Kutsche umfunktioniert sind, die von zwei kleinen Spielpferdchen auf Rollen gezogen wird, vollgeladen mit Kindern und Kutscher auf dem Bock. Ein Bild mit Herausforderungen wie der dünnen Peitschenschnur, vielen feinen Ecken und Bögen bei Feder am Hut und Blümchen im Mund eines Kindes. Alles korrekt und haarscharf ausgeschnitten.
Das, was hier geübt wurde, war eine praktische Vorbereitung auf das tägliche Leben in einem Haushalt. Denn neben Kochen, Putzen und Wäschewaschen gehörte auch Flicken dazu. Im Nähkorb lagen fein säuberlich eingeordnet Knopfsammlung, Stichel und Schneiderädle neben Pfriem und Nähmaschinenzubehör. Der Stichel kam bei der Richelieustickerei, einer Form der Lochstickerei, zum Einsatz. Der Pfriem wurde für Knopflöcher eingesetzt. Ganz selbstverständlich war es, Wäscheknöpfe selbst herzustellen, Rohlinge mit feinem weißen Garn zu umspinnen.
All das ist im Gmünder Schulmuseum zu sehen. Das Schneiderädle war nicht wie heute ein funktionelles, schmuckloses Ding, sondern steckte in einer schön gravierten Silberscheide. Etwas Besonderes die Sammlung mit schimmernden Knöpfen in unterschiedlichen Größen aus Fischperlmutt. Auch auf Reisen waren Nähutensilien stets mit dabei wie das lederne Reisenähetui mit Metallrand in der Sammlung beweist.
Eine gute Hausfrau setzte ihren Stolz darein, dass Flicken nicht zu erkennen waren. Muster und Webrichtung beim einzusetzenden Material wurden sorgfältig ausgewählt, Riss oder Loch säuberlich beschnitten. Dann entschieden, wie der Flick gesetzt werden sollte.
Es gab mehrere unterschiedliche Methoden der haltbaren, aber unsichtbaren Naht. Das übten die Mädchen bereits in der Schule an Mustertüchern, deren große Sammlung Gerda Fetzer in zahlreichen Ordnern und unter Glas im Schulmuseum hütet. Eine spannende Übersicht über Fertigkeiten, die heute in Vergessenheit geraten sind.
Zurück zur Übersicht: Stadt Schwäbisch Gmünd
Dieser Artikel ist nur für registrierte Nutzer kommentierbar. Wenn Sie den Artikel kommentieren möchten registrieren Sie sich kostenlos für unsere Community oder melden Sie sich hier mit Ihren Benutzerdaten an: